Wenn die Seifenblase platzt – Terror statt Fußball

Wenn die Seifenblase platzt – Terror statt Fußball

Tom Bartels, Matthias Opdenhövel, Mehmet Scholl und die anderen Kolleginnen und Kollegen des ARD Sportschau-Teams waren am Freitag nach Paris gereist, um vom Freundschaftsspiel der deutschen Nationalmannschaft gegen Frankreich zu berichten. Leider geriet die Begegnung vor 80.000 Zuschauern spätestens ab der Pause in den Hintergrund.

Jetzt ist der Sport, und ganz speziell der Fußball in diesen Tagen nicht nur ein sportliches, sondern auch ein gesellschaftliches Thema. Der Skandal rund um die Bewerbung und Vergabe der WM 2006 hat deutlich gemacht, dass die Zeit von romantischer Idylle rund um sportliche Großereignisse schon lange vorbei ist. Vereine und Verbände sind Wirtschaftsunternehmen die eben auch in einer Welt von Korruption und Wirtschaftskriminalität agieren. Selbst eine Lichtgestalt wie Franz Beckenbauer konnte sich scheinbar nicht aus dem Strudel von dubiosen Zahlungen und vertraglich zugesicherten Gegenleistungen heraushalten. Der Fußball, der DFB hat seine Unschuld verloren, das ist zwar schade, aber wenig überraschend.

Dennoch war der ausgeübte Sport noch immer eine kleine eigene Welt. Eine bunte Seifenblase im dunklen Smog der Probleme außerhalb der Stadien. Während der 90 Minuten Spielzeit eines Fußballspiels konnten Zuschauer vor Ort und am Bildschirm sich von den Geschehnissen auf dem Rasen ablenken lassen. Fans, Spieler und die Medien befanden sich rund um ein Spiel in Sicherheit und wurden abgelenkt mit Torschüssen, Dribblings, Elfmetern und Traumtoren. Die vergangenen Stunden zeigen, dass auch diese schöne Illusion nur ein ganz zerbrechliches Konstrukt war.

Das was dem ARD-Team und den anderen Medienvertretern passiert ist, war der Albtraum eines jeden Sportjournalisten, eines jeden Menschen. Tom Bartels musste die ersten Opferzahlen nennen und kommentierte die Bilder von panischen Zuschauern. Claus Lufen fragte Timo Hildebrandt ob er Angst habe. Matthias Opdenhövel wollte nicht mehr über Fußball reden, und musste doch noch Ausschnitte von weiteren Spielen ankündigen. Mehmet Scholl wirkte so, als würde er am liebsten losweinen.

Mein Respekt und meine Anerkennung für die Journalistinnen und Journalisten vor Ort, die einfach nur ihrer Arbeit nachgehen wollten und ein wenig Freude und Abwechslung in die Wohnzimmer zuhause bringen wollten. Wer sich auf ein Fußballspiel vorbereitet, der hat keine Moderation für einen Anschlag in der Tasche. Wer über Kopfhörer Meldungen über Explosionen mitgeteilt bekommt, der kann sich nicht mehr auf die Analyse von Fehlpässen und Viererketten konzentrieren. Wer sich im Zentrum eines koordinierten Anschlags, in einer außer Kontrolle geratenen  Millionenstadt befindet, der hat Angst. Das was während der Übertragung der Sportschau-Live passierte war nicht unprofessionell, es war menschlich.

Ich hoffe die Kolleginnen und Kollegen bleiben die einzigen in der Geschichte des Fußballs, die so einen Abend erleben mussten. Ich hoffe, dass der Terror nicht den Sport kaputt macht. Ich hoffe, dass diese Welt irgendwann zur Vernunft kommt.

Mein Beileid und mein Mitgefühl gelten den Familien und Freunden der Opfer.

Liberté, Égalité, Fraternité

 

 

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